Öffentlicher Dienst muss für Auszubildende wieder attraktiver werden

Der Öffentliche Dienst des Landes Berlin verliert ganz offensichtlich an Attraktivität als Ausbilder gegenüber anderen Ausbildungsangeboten. Es spricht sich herum, dass schon die Bewerbungsverfahren lange dauern, aber auch, dass die Bedingungen in der Ausbildung verbesserungswürdig sind. Angefangen beim Stand der Digitalisierung, über sanierungsbedürftige Bürogebäude bis hin zu starren Hierarchien, die neue Ideen ausbremsen. Hier rächt sich auch, dass das Land Berlin angesichts von in einigen Bezirken noch bis 2016 geltenden Personalabbaukonzepten viele Jahre fast gar nicht mehr selbst ausgebildet hat. Lange Zeit wurden dadurch auch die Personalreferate auf ein Minimum reduziert, so dass Erfahrungen mit Ausbildungsprozessen verloren ging. Die Bemühungen in Teilen wieder selbst auszubilden und die Ausbildung attraktiver zu machen sind noch auf einem zu niedrigen Niveau.

Aber auch die Tätigkeit im Öffentlichen Dienst selbst leidet unter einem anhaltend schlechten Image. Überlastung, fehlende Ressourcen, lang dauernde Prozesse, komplizierte Hierarchien. Das früher starke Argument der Arbeitsplatzsicherheit verliert in Zeiten des Fachkräftemangels an Bedeutung. Nicht nur für Auszubildende ist es in Berlin schwierig eine Wohnung zu finden und diese zu finanzieren. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes vor allem in den unteren und mittleren Einkommensgruppen geraten mit ihren Gehältern zunehmend an Grenzen.

Was tun:

Um konkurrenzfähig zu sein, muss der öffentliche Dienst in Berlin attraktive Rahmenbedingungen und Arbeitsprozesse anbieten und leben. Und das muss schneller passieren als bei den weiteren Ausbildungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt. Vorteile durch attraktive Angebote zahlen sich nur aus, wenn man zu den ersten gehört, die das einführen. Wenn der öffentliche Dienst da hinterherhinkt, hat er nur das Nachsehen. Und ohne genügend Personal wird der Beruf nur unattraktiver, weil die Arbeit nicht mehr zu bewältigen ist. Diese Spirale muss unterbrochen werden.

Sofort könnten die Personalreferate und das Landesverwaltungsamt unkompliziert unterstützt werden durch Studierende, Nachwuchskräfte, Abordnungen oder ähnlich. Bewerbungsverfahren können so drastisch verkürzt werden. Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter können sofort eine Wertschätzung erfahren, indem sie monetäre und nichtmonetäre Vorteile für ihre zusätzliche Arbeit bekommen. Gerade von ihnen fehlen viel zu viele für eine echte Ausbildungsoffensive. Ohne sie kann nicht ausgebildet werden, dadurch konnten in den letzten Jahren auch finanzierte Azubistellen nicht besetzt werden. (Praxisanleiter*innen sind Mitarbeitende im öD, die ganz normale Arbeit haben und zusätzlich und freiwillig die Azubis fachlich anleiten, eine 1:1 Betreuung)

Sofort könnte es auch eine Unterstützung bei der Wohnungssuche geben, z.B. in Zusammenarbeit mit den landeseigenen Wohnungsunternehmen, aber nicht nur. Das Land Berlin könnte selbst auch Azubiwohnungen anmieten und diese für eine bezahlbare Miete zur Verfügung stellen.

Gewonnenes Personal muss natürlich auch gehalten werden. Die Berichte von Azubis, wo und warum sie sich im öffentlichen Dienst wohl fühlen sowie wo und warum nicht sind durchaus bekannt. Vieles hängt auch am Verhalten von Führungskräften. Wenn neue Mitarbeitende mit Absicht ausgebremst und erstmal in den starren Hierarchien „geschliffen“ werden, dann sollten diese Führungskräfte kein neues Personal bekommen. Die Senatsverwaltung für Finanzen tut sich ebenso schwer, die vorhandenen Möglichkeiten für eine bessere Bezahlung z.B. mit den Erfahrungsstufen zu nutzen. Das wäre ebenso sofort lösbar.

Ebenso können sofort viele Mitarbeitende, die auf sogenannten Beschäftigungspositionen sitzen und damit befristet arbeiten, ordentlich eingestellt werden. Das sind oft quereinsteigende Mitarbeitende, die bereits schnell zeigen, dass sie zum öffentlichen Dienst passen und ein großer Gewinn sind.

Mittelfristig gilt es ein Berliner Ausbildungsinstitut aufzubauen, das selbst ausbildet, wo heute noch nichts passiert. Das bereits vorhandene Ausbildungen massiv unterstützt und die Ausbildung reformiert, modernisiert. Dazu muss Personal und Ausbildung bei der Senatsverwaltung für Finanzen gebündelt werden. Es braucht eine Staatssekretärin für Personal und Ausbildung, die sich der schwierigen Lage annimmt und mit einem starken Team den Karren aus dem Dreck zieht. Ziel muss es sein, 5.000 Menschen jährlich als Auszubildende, Studierende, Nachwuchskräfte zu gewinnen. Eine echte Ausbildungsoffensive braucht viel Kraft und vor allem Mut, die Berliner Verwaltung zu erneuern.

Der Tagesspiegel hat sich dem Thema angenommen.